Mein Weg zur Akzeptanz
Noch vor wenigen Monaten wollte ich mich mit Post Covid (Long Covid) und Post-Exertionelle Malaise (PEM) nicht auseinandersetzen. Ehrlich gesagt hat mir die vor einem halben Jahr erhaltene Diagnose ‚Burnout‘ auch nicht gefallen. Ja, ich habe mich geistig und körperlich gefordert und bin oftmals über meine Grenzen hinausgegangen, vermutlich mehr als gut war. Deshalb war es auch wenig verwunderlich, dass es plötzlich hieß: „Wenn Sie so weitermachen, werden Sie nicht mehr viel machen!“
Also willigte ich ein, mir mal eine „kleine“ Pause zu gönnen. Doch als meine Belastungsintoleranz einfach nicht besser werden wollte, gab ich mich nicht mehr mit der Diagnose Burnout zufrieden. Ich begann, mich aktiv mit den Themen Post Covid und ME/CFS auseinanderzusetzen und die nötigen Schritte (Tests und Untersuchungen) einzuleiten.
Chronisches Erschöpfungssyndrom, Leistungsabfall, Reizempfindlichkeit – nicht immer ist es Burnout.
Eine Diagnose zu bekommen ist im Fall von Long Covid ein langwieriger Prozess. Im Grunde ist es ein Ausschlussverfahren, welches in Form von Untersuchungen, Tests und Fragen zu Symptomen daherkommt. Erschwerend kommt hinzu, dass im Fall von PEM (Post-Exertionelle Malaise) sowohl körperliche als auch kognitive Aktivitäten und sogar Emotionen zu Crashs führen können. Mit der Zeit habe ich jedoch Muster erkannt und mithilfe meines Crash-Tagebuchs ein Gefühl dafür bekommen, wie viel Aktivität möglich ist, ehe mich der nächste Crash ausbremst.
An dieser Stelle sei gesagt, dass es nicht klug ist, die Grenzen der Belastbarkeit auszureizen!
Dennoch wollte ich vorankommen und dachte mir: Der nächste Crash kommt so oder so, also nutze ich die kraftvollen Momente so gut wie möglich. Naja, die Macherin bekommt man wohl nicht so einfach aus mir raus. Ich gebe zu: diese Herangehensweise hilft mir, die Phasen mit Erschöpfungssyndrom besser zu akzeptieren.
Umgang mit den Herausforderungen: Akzeptanz, Achtsamkeit und Geduld
Mir ist klar, dass ich mich nicht permanent überfordern darf, sondern Schonung enorm wichtig ist, wenn ich eine Besserung erzielen möchte. Ich möchte nicht riskieren, dass meine Symptome chronisch werden. Mit Achtsamkeit, Selbstfürsorge und einer Menge Geduld – ein sehr wertvolles Learning für mich – wird es hoffentlich auch wirklich besser. Die ernüchternde Nachricht der Ärzte und Erfahrungsberichte anderer Betroffener: Heilung kann Monate, aber auch Jahre dauern.
Post Exertionelle Malaise (PEM) führt dazu, dass selbst die kleinste Anstrengung zu einem körperlichen und geistigen Crash führt.
Wie ging es mir also, als mir das bereits geahnte vor wenigen Tagen bestätigt wurde? Nun, glücklich macht mich die Diagnose Post Covid mit PEM nicht. Doch endlich hat das Kind einen Namen und ich habe die Möglichkeit, aktiv etwas zu einer besseren Lebensqualität beizutragen. Aktuell ist nichts planbar und an manchen Tagen bin ich nicht einmal zu den einfachsten Dingen in der Lage. Doch in Pacing habe ich eine Methode zum achtsamen Energiemanagement für mich gefunden. Dabei werden körperliche und geistige Aktivitäten so angepasst, dass eine Überanstrengung – und damit das Auftreten oder die Verschlechterung von Symptomen wie PEM – vermieden wird. Pacing hat zum Ziel, innerhalb der eigenen Energiegrenzen zu bleiben, um langfristig Stabilität und Lebensqualität zu fördern.
Die Schwierigkeit der Lebensqualität im Zusammenhang mit Post Covid
und der Umgang mit Crashs
Selbst Momente, die mir Freude bereiten und mir grundsätzlich gut tun, lösen 3–7-tägige Crashs aus, in denen einfach gar nichts mehr geht. Licht und Sonne – die für mich immer pure Energie und Lebensfreude bedeutet haben – werden zur Qual. Mittlerweile habe ich gelernt, besser mit meinen Crashs umzugehen und sie zu akzeptieren. Ein absolut hilfreiches und unverzichtbares Tool dafür ist mein Crash-Tagebuch. So erkenne ich Zusammenhänge besser und bekomme ein gutes Gefühl dafür, wieviel ich mir zumuten kann.
Die Herausforderung, mit den Symptomen von Post Covid und PEM
Geduld und Akzeptanz in mein Leben zu integrieren und bewusster auf die Balance zwischen aktiven Phasen und Momenten der Schonung zu achten, sind aktuell die größten Herausforderungen für mich. Ich war stets aktiv, leistungsorientiert und gewohnt, alles zu geben. Dementsprechend hat mich mein Gewissen viele Monate geplagt, weil eben genau das jetzt nicht mehr geht. Ich habe Ideen, meine Kreativität sprudelt, da sind Träume und Wünsche, die ich noch erfüllen möchte. Ich habe endlich verstanden, dass ich für mich selbst kämpfen darf. Doch jetzt fehlt mir die Kraft und Energie dazu.
Wenn es daran geht, die Ideen umzusetzen, schaffe ich es nicht. Das ist frustrierend, doch ich habe auch in diesem Zusammenhang gelernt, dass nicht alles sofort passieren muss und schon gar nicht in Perfektion. Meine Ideen notiere ich und beschäftige mich dann damit, wenn es meine Energie zulässt. Ich schreibe, wenn die Worte frei aus meinem Kopf fließen. Ich gehe hinaus, wenn es sich gut anfühlt und versuche kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich nichts von alledem mache. Das anzunehmen, ist eine Form der Selbstliebe.
Der ständige Spagat zwischen Akzeptanz und dem Wunsch, die Kontrolle zurückzugewinnen.
Die Akzeptanz, dass ich nicht immer alles bis zum Ende durchziehen muss, hat mir enorm geholfen. So plane ich beispielsweise einen Fotoausflug, komme an, bin nach 10 Minuten überreizt und denke mir: „Ich will nach Hause“. Das ist völlig in Ordnung, egal wie lange die Anfahrt gedauert hat. Wenn ich weiß, dass ein Tag oder eine Aktivität zu einem Crash führen könnte, bereite ich mich darauf vor. Beispielsweise plane ich meine Mahlzeiten im Voraus und bereite diese vor. Auch das Führen eines Crash-Tagebuchs hat mir geholfen, Muster zu erkennen und meine Grenzen besser zu verstehen. Zu lernen, welche Aktion welche Reaktion nach sich zieht, war ein wichtiger Schritt für mich. Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen – manchmal ist der Weg das Ziel. Und manchmal bedeutet dieser Weg, unterwegs innezuhalten und langsamer voranzukommen.
Die Symptome von Long Covid – insbesondere die Fatigue und die kognitiven Einschränkungen – sind unberechenbar und oft schwer zu ertragen.
Was mir aktuell sehr zu schaffen macht, sind meine Atemprobleme, die manchmal einer Panikattacke gleichen. Hier versuche ich mit Atemübungen gegen die Kurzatmigkeit vorzugehen.
Mir wurde letztlich klar, dass ich nicht Opfer meiner Krankheit bin. Selbst wenn es nicht immer so einfach ist, wie es sich hier vielleicht liest, gibt es immer Wege, aktiv für Verbesserung zu sorgen. Leider ist Long Covid immer noch viel zu wenig erforscht und man erhält sehr wenig bis gar keine Info dazu. Deshalb habe ich für mich entschieden, auf mich und meinen Körper zu achten und auszuprobieren, was mir gut tut und mir Besserung verschafft. Selbstverständlich ist auch der Austausch mit anderen betroffenen hilfreich. Das war letztlich auch der Grund für meine Entscheidung, auf meinem Blog über meine Diagnose zu schreiben.
Ich möchte keinesfalls den Eindruck erwecken, dass Post Covid, PEM oder ME/CFS harmlos oder einfach zu bewältigen sind – ganz im Gegenteil. Es ist unheimlich belastend, und selbst für mich, die grundsätzlich immer ein positives Mindset pflegt, war der Weg zur Akzeptanz lang und herausfordernd. Es gab Phasen, in denen ich kaum noch Lebensfreude hatte, nichts essen wollte und mich nur noch vom Bett zur Couch schleppte. In diesen Zeiten zog ich mich völlig nach innen zurück, und Ärzte sowie Freunde waren besorgt. Es stand sogar eine Einweisung ins Krankenhaus im Raum. Das Leben, wie ich es bisher kannte, ist für den Moment vorüber. Meinen Job – der Grund für meinen neuen Lebensmittelpunkt war – musste ich aufgeben. Alles in allem nichts, dass mir Grund zur Freude bereitet.
Trotz der ständigen Fatigue versuche ich, einen positiven Umgang mit den Symptomen von Long Covid zu finden.
Aufzugeben widerspricht jedoch meinem Naturell, weshalb ich nach Wegen suche, das Bestmögliche aus dieser Situation herauszuholen. Nein, auf diesem Weg war ich nicht immer gut drauf, und es ist nicht immer einfach zu akzeptieren, dass meine Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Wortfindung oft eingeschränkt sind. Ich habe keine Ahnung, was die Zukunft bringt. Die ständige Erschöpfung, die mich wie Blei niederdrückt, lässt sich nicht mit einer positiven Einstellung einfach wegzaubern. Selbst nach 12 Stunden Schlaf bin ich müde, habe permanent das Gefühl, als würden Grippe, Jetlag und Migräneanfall an mir zerren. Doch ich kann lernen, besser mit der Belastungsintoleranz und der chronischen Erschöpfung umzugehen, Crashs zu erkennen und zu vermeiden.
Ich möchte weder Long Covid noch PEM oder ME/CFS schönfärben. Doch ich wäre nicht ich, wenn ich in allem nicht auch etwas Positives finden würde. Noch nie in meinem Leben habe ich so bewusst und achtsam gelebt. Nie habe ich mir selbst so viel Verständnis entgegengebracht. Selbst nach meiner Krebsdiagnose vor einigen Jahren bin ich rasch wieder ins alte Fahrwasser zurückgekehrt. Vielleicht fällt mir deshalb der Umgang mit den dunklen Phasen heute leichter. Nein, ich mag die Tage nicht, an denen die tiefe Erschöpfung und Schmerzen an mir nagen. Doch ich liebe die Momente, in denen meine Kreativität mich beflügelt und die Lebensfreude durch meine Adern fließt. Die Tage, an denen Licht selbst in die dunkelsten Ecken strahlt und ich einfach nur vor Freude tanzen möchte, schenken mir Hoffnung. #akzeptanz #dankbarkeit #loslassen #gesundheitistdaswertvollstegut
Wenn du ähnliche Erfahrungen gemacht hast oder gerade mit den Herausforderungen von Post Covid und ME/CFS kämpfst, würde ich mich sehr über einen Austausch freuen. Wir sind nicht allein, und vielleicht können wir uns gegenseitig unterstützen.